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Man liefere eben nicht nur Zahlen, Daten, Fakten. Als CFO, findet Herr Dr. Erik Bingel, diskutiert man mit, fundiert Beschlüsse, fordert heraus, kurzum: Man ist ein Enabler unternehmerischer Entscheidungen. Eine Aufgabe, die bei Baerlocher derzeit gut gelingt. Die Unternehmensgruppe ist gut gerüstet für die mannigfaltigen Herausforderungen der Zukunft. Es kommt aber auf die richtige Mischung aus Einheitlichkeit und Freiheit in der Gruppe an, da ist sich Dr. Bingel sicher.

2013 trat Herr Dr. Erik Bingel als CFO in die Baerlocher-Gruppe ein. Eine immense Verantwortung, die aufgrund der dezentralen globalen Matrix-Organisation besondere Anforderungen mit sich bringt, aber eben auch Erfolge ermöglicht. Warum es hilfreich ist, nicht allzu oft in den Rückspiegel zu schauen und stattdessen den neuen Horizonten die Stirn zu bieten, erläutert Dr. Bingel im Interview. Ein Plädoyer für mehr Homogenität und Zuversicht.

Herr Dr. Bingel, welche Zahlen des Unternehmens sind Ihnen als CFO besonders wichtig?

EB Ich bin jetzt im zehnten Jahr hier, also 2013 eingestiegen. Seither haben wir im Konzern den Umsatz fast verdoppelt. Das ist sicher eine beachtliche Steigerung. Relevant für die Steuerung ist aber vor allem die EBITDA-Entwicklung, die Margenintensität und der Absatz. Dass die Kostenentwicklung auch unter Kontrolle sein muss, ist selbstverständlich. Wenn die operative Ergebnisentwicklung im Lot ist, stimmt meist auch der Cashflow. Hier ist jedoch zu beachten, dass die Investitionen ein gewisses Maß nicht überschreiten. So wird insgesamt auch eine gesunde Eigenkapitalquote sichergestellt.

Drehen wir die Zeit noch einmal zurück. Wie haben Sie Baerlocher bei Ihrem Einstieg erlebt?

EB Ich hatte gleich zu Anfang die Möglichkeit, direkt die Geschäftsführer und das Topmanagement unserer Landesgesellschaften kennenzulernen. So erfuhr ich zwar Budgetvorstellungen aus erster Hand, hatte jedoch keine Chance, mich vorher einzuarbeiten und das Unternehmen, vor allem mein Team kennenzulernen. Ich habe gleich das Konzernbudget erstellt. Das nennt man wohl, ins kalte Wasser geworfen zu werden.

CFO Dr. Erik Bingel bei Baerlocher Kimya

Sie konnten sich offenbar behaupten…

EB Ich war vorher auch in der Geschäftsführung als CFO tätig. Die Aufgabe selbst war also nichts Neues für mich. Allerdings hatte meine Funktion nun eine globale und eine lokale Seite. Und genau diese Mischung aus internationaler Organisation, die Breite des Aufgaben- und Verantwortungsbereichs und die handelnden Personen haben mich beeindruckt. Wichtig war für mich auch die Eigentümerstruktur, die Stabilität des Unternehmens und die langfristige Ausrichtung. Durch unsere starke Internationalität gibt es kaum einen Tag, an dem nicht neue Themen hinzukommen. Gerade treibt uns z. B. die Hochinflation in der Türkei um, die Energie-verteuerung in Europa als Folge der Invasion Russlands in die Ukraine, genauso die steigenden Zinsen in den USA und Europa.

Wie sehr prägt die internationale Dimension von Baerlocher Ihre Aufgaben?

EB Meine Aufgaben sind definitiv komplexer geworden. Nicht, weil z. B. neue Standorte hinzugekommen sind, sondern weil die Welt sich schneller dreht. Wir haben starke Reglementierungen und müssen auf Veränderungen im Ausland reagieren. Wir leben in einer VUCA-Welt – das verlässt uns nicht mehr. Der Begriff steht für Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität.

Wie stimmen Sie sich in Ihrem internationalen Team ab?

EB Ich kann nicht so viel reisen, das ist zeitbedingt einfach nicht so oft möglich. Durch die Pandemie hat der Austausch international etwas gelitten – trotz vieler Videokonferenzen. Wir haben uns dadurch noch stärker dezentralisiert. Mein Wunsch ist es jetzt, dass wir wieder stärker und öfter zusammenkommen. Ich war unlängst in den USA. Im Sommer reise ich z. B. nach Malaysia, im Herbst nach Indien, worauf ich mich sehr freue. Trotzdem sehe ich Schwierigkeiten darin, dass sich die Gesellschaften sehr dezentral und eigenständig entwickeln.

Wieso das?

EB Gerade im Rechnungswesen ist es notwendig, eine Klammer zu haben, sonst sehe ich keine Skaleneffekte im Konzern, keine Synergien. Was ich jetzt sehr gut finde und was Herr Dr. Rosenthal mit BAER360 ins Leben gerufen hat ist, dass wir wieder eine gemeinsame Plattform schaffen. Wir brauchen den Austausch. Wir werden einen großen Nutzen haben, wenn wir Baerlocher als Konzern begreifen, mit all den Freiheiten, die die einzelnen Tochtergesellschaften haben und die natürlich bewusst und gewollt sind, das ist ganz klar.

Welche Vorteile hat diese dezentrale Struktur dennoch?

EB Wir stärken die Verantwortung in den Gesellschaften, das unternehmerische Handeln, indem wir bewusst viele Freiräume geben. Und es gibt unterschiedliche konjunkturelle Einflüsse, wo uns diese dezentrale Struktur natürlich hilft, weil wir lokal unterschiedliche Märkte bedienen. Aber: Wir müssen als Konzern gewisse Standards einhalten und vorleben. Wenn jeder macht, was er will, ist das schwierig. Wir können auch nicht erlauben, dass eine Gesellschaft entsprechend größere Investitionen tätigt, ohne dass das abgestimmt ist. Das heißt, wir müssen steuernd eingreifen, sonst läuft es nicht in die Richtung, die wir für den Konzern insgesamt als gesund und nachhaltig empfinden. Denn natürlich kommt es am Ende darauf an, wie sich der Gesamtkonzern entwickelt und nicht nur, was die einzelnen Gesellschaften machen. Das sind Themen, die müssen in Einklang gebracht werden. Und wir haben starke Konzernfunktionen wie Corporate Accounting and Reporting, Global-IT, Global Purchasing, Group Controlling und Legal & Compliance, die Standards setzen und Synergien schaffen.

Wo sind einheitliche Standards aus Ihrer Sicht noch notwendig?

EB Es gab qualitative, also wertebasierte Compliance-Standards, aber man hat jeder Gesellschaft die Ausgestaltung selbst überlassen. Als ich den Rechtsbereich 2019 übernommen habe, war es das Thema, dass wir dennoch ein konzernweites Compliance-Managementsystem aufbauen müssen. Denn es fehlten viele Thematiken – z. B. eine Geschäftspartner-Richtlinie oder eine Richtlinie für die Bekämpfung von Korruption. Es gab etwas, aber es entsprach nicht dem Standard, den man heute in so einer Größe, wie wir sie haben, erwarten kann. Im Oktober 2022 haben wir dann offiziell unseren erweiterten „Code of Conduct“ verabschiedet und zur Geltung gebracht. Compliance hat bei uns nun eine konzernweite Funktion, die über Landesgrenzen hinaus Gültigkeit haben muss.

Was bedeuten Ihnen die 200 Jahre, die Baerlocher in diesem Jahr feiert?

EB Ganz nüchtern von der Finanzseite aus betrachtet, zählt nur die Zukunft. Aber ich bin froh, in einem Unternehmen zu arbeiten, das gezeigt hat, dass es trotz vieler Krisen bestehen bleiben konnte. Wir haben also offenbar sehr viel richtig gemacht. Ich glaube trotzdem, dass wir nicht so oft in den Rückspiegel schauen dürfen, auch wenn wir uns schon, z. B. beim Jahresabschluss, dafür rechtfertigen müssen, was wir erreicht haben: Warum sind die Zahlen so? Warum haben wir Budget-Abweichungen? Am Ende zählt aber immer das, was wir morgen erreichen wollen und können und wie wir aufgestellt sind.

Wagen Sie eine Prognose?

EB Wir werden wahrscheinlich von einer großen Herausforderung zur nächsten denken müssen und uns so aufstellen, dass wir organisatorisch mit diesen Dingen umgehen können. Mit unseren Kapazitäten, aber auch mental. Wir dürfen nicht vor der nächsten Krise verzweifeln, das darf nicht zu einer permanenten Belastung führen. Und ich sehe es auch als eine meiner Aufgaben, das Ganze trotz aller Schwierigkeiten als positive Herausforderung zu vermitteln. Positiver Stress kann neue Kräfte freisetzen. Und es ist unsere Aufgabe hier im Management, die Zukunft positiv zu gestalten. Baerlocher ist ein sehr gesundes Unternehmen. Ich bin also sehr zuversichtlich.

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